Ute Frevert Kapitalismus, Märkte und Moral - Club of Lilienthal

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Ute Frevert Kapitalismus, Märkte und Moral

Rezension von Mechthild Zimmermann

STREITBARE MORAL

Karl Marx ist fast 150 Jahre tot, der real existierende Sozialismus seit mehr als 30 Jahren Geschichte. Trotzdem ist die Kritik am kapitalistischen System höchst lebendig. Anlass für Ute Frevert, Direktorin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, das Verhältnis von Kapitalismus, Märkten und Moral historisch zu durchleuchten. In ihrem Buch skizziert sie, welche Grenzen Politik, Philosophie und Gesellschaft der Marktwirtschaft früher und heute setzten und setzen. Moral versteht Frevert dabei als „Korrekturquelle des Kapitalismus jenseits des Eigeninteresses der Marktteilnehmer“. Die Historikerin thematisiert dabei auch kritisch die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte, in denen die Gesetze des Marktes zunehmend mehr Lebensbereiche durchdrungen haben. Die Diskussion darüber zeige jedoch, dass die Gesellschaft das Problem erkannt hat und beginnt, Grenzen zu ziehen. Fast noch interessanter als die Historie lesen sich Freverts Ausführungen zu den Wertekonflikten unserer Zeit. Seit sich moderne Gesellschaften von einer alleinherrschenden Moral verabschiedet haben, stehen sich gegensätzliche Wertvorstellungen unversöhnlich gegenüber. Freverts Erklärung: Moral ist gefühlsbeladen. Wer seine Werte verletzt sieht, reagiert mit Empörung, Kompromisse sind nicht möglich. Das erhellt einige der aktuellen gesellschaftlichen Kontroversen und erklärt die Aggression, mit der die Auseinandersetzungen vielfach geführt werden.

Ute Frevert: Kapitalismus, Märkte und Moral, 152 Seiten, Residenz Verlag, 20,00 Euro

Aus: Max Planck Forschung · 1 | 2020, S. 80.



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